unüberschaubare
Anzahl der Angebote, unklare Begrifflichkeiten
und mangelnde Integration in unternehmensinterne
Entscheidungsprozesse stehen jedoch einer
Nutzung der Ergebnisse allerdings oft im
Weg. Im Folgenden werden sieben Schritte
vorgestellt, die bei der Auswahl, Implementation
und Nutzung eines Systems helfen können.
1.
Ziele definieren
Es gibt Unternehmen, die haben ihre
Website nur, weil andere auch eine haben.
Diese brauchen hier nicht weiter zu lesen.
Für die meisten Unternehmen stellen
die Kosten für die Website - Erstellung,
Pflege der Site, Beantwortung von Kontaktanfragen
- dagegen einen erheblichen Aufwand dar
und wie für jede andere Investition
lassen sich Kennziffern und Entwicklungspläne
festlegen, wie die eingesetzten Mittel zu
einem Umsatzwachstum beitragen können.
Typischerweise gibt es vier Arten von kommerziellen
Websites mit entsprechenden Kennziffern:
- Online-Vertrieb
(Anzahl Bestellungen/Besucher),
-
Gewinnung von Geschäftskontakten
(Anzahl
Kontaktaufnahmen/Besucher),
-
Werbeträger (Anzahl
Seitenabrufe/Besucher),
-
Support-Angebote (Anzahl
erfolgreich abgewickelter Anfragen).
Diese
Haupt-Kennziffern müssen jeweils individuell
definiert und durch weitere Begleit-Kennzahlen
ergänzt werden. Eine Bedeutung gewinnen
die Kennzahlen durch zwei Anbindungen. Zum
einen sind Statistiken wie etwa Anzahl der
PageViews, der Besucher, der Visits pro
Monat nichts weiter als Zahlen, die mehr
oder weniger interessant sind.
An
Bedeutung gewinnen sie durch eine
Verbindung mit dem Mitteleinsatz: Wie groß
ist beispielsweise der Zugewinn an Kunden/Kontakten/Besuchern
durch den Einsatz von PPC-Kampagnen oder
Suchmaschinen-Optimierung tatsächlich?
Die zweite Anbindung ist die Zuweisung von
Entwicklungszielen. Diagramme, die zeigen,
wie der Traffic sich in den letzten Tagen,
Wochen oder Monaten entwickelt hat, sind
eine feine Sache, entfalten aber keine Relevanz
für weiteres Handeln. Besser ist es,
festzulegen, wie hoch die Anzahl der Bestellungen,
PageViews oder der neuen Kundenkontakte
im nächsten Monat oder Quartal sein
soll. Eine konkrete, realistische Zielsetzung
verbunden mit einem verfügbaren Budget
zur Steigerung der Website-Performance kann
die Website zu einem stetig stärker
werdenden Kommunikationskanal machen.
2.
Verantwortlichkeiten klären
Web-Analytics bietet keine Ergebnisse, die
sich von selbst erklären oder die automatisch
in Entscheidungen umgesetzt werden können.
Gerade in der ersten Zeit der Nutzung wird
Unterstützung gebraucht, müssen
Zusammenhänge erklärt und
Routinen optimiert werden. Ohne einen internen
Ansprechpartner werden viele Fragen
ungeklärt bleiben und einer weitergehenden
Nutzung im Weg stehen. IT-Adminstratoren
bringen viel Know-how über die
erforderlichen technischen Grundlagen und
Möglichkeiten zur Bereitstellung der
Informationen mit (Nutzerrechte, Webserver-Einrichtung,
Tag-Optimierung, E-Mail-Routinen).
In
vielen Unternehmen sind die IT-Mitarbeiter
allerdings voll mit ihren eigentlichen Aufgaben
ausgelastet und zusätzliche Anfragen
stehen weit unten auf der Liste der Prioritäten.
Besser ist es, einen Mitarbeiter aus dem
Marketing oder falls vorhanden aus der Business-Intelligence-Abteilung
mit der Auswahl und Einführung der
Lösung hauptsächlich zu beauftragen.
Zusätzliches Wissen und Entscheidungskompetenz
kann dann leichter hinzugezogen werden als
umgekehrt.
3. Lösung auswählen (1): Tags
oder Logfiles?
Web-Analytics-Lösungen lassen sich
einfacherweise in zwei Lager teilen:
- Lösungen,
die die Logfiles der Webserver analysieren
(server-basierte Daten) und
- Lösungen
die mithilfe von Scripts direkt die Aktivitäten
der zugreifenden Besucher erheben (client-basierte
Daten).
Wie
jede einfache Einteilung zeigt auch diese
nicht das ganze Bild - so gibt es
Hybrid-Lösungen, die beide Datenquellen
parallel analysieren und einige alternative
Datensammlungsverfahren - aber zu mindestens
95% teilt sich der Markt und die Nutzung
in diese Alternativen. Ein zentraler Faktor
bei der Entscheidung ist der Einsatz von
Cookies. Ohne Cookies gibt es keine zuverlässige
Messung von Besuchern, d.h. einzelne
Besuche können wiederkehrenden Besuchern
nicht zugeordnet werden. Und ohne seriöse
'Besucher'-Zählung bleibt jede Messung
von Aktionen/Besucher astrologisch.
Client-basierte
Verfahren setzen so gut wie immer Cookies
ein, server-basierte Verfahren erfordern
dafür die Konfiguration der Webserver-Software
(z.B. Apache oder IIS). Für Unternehmen,
deren Provider diese Konfiguration nicht
unterstützt, bzw. die keinen Zugriff
auf die Konfiguration haben (externes Web-Hosting),
erübrigt sich damit die Frage. Client-basierte
Verfahren sind dann die einzige Möglichkeit,
verlässliche Daten zu erheben. Darüber
hinaus haben beide Systeme ihre Vor-
und Nachteile, die in der folgenden
Tabelle zusammengefasst werden.
Vor- und Nachteile von client- und server-basierten
Web-Analytics-Lösungen im Überblick
Die Vorteile der server-basierten Daten
liegen damit vor allem in der anbieter-unabhängigen
Speicherung: Die Logfiles sind im Unternehmen
und können immer wieder mit verschiedenen
Methoden untersucht werden. Die Datenstrukturen
der client-basierten Verfahren lassen
sich dagegen nur schwer transferieren. Die
Erfassung von Suchmaschinen-Crawlern und
die Messung der Webserver-Performance kann
dagegen auch durch separate Auswertungen
mit einfachen Tools erfolgen. Klarer Vorteil
der client-basierten Verfahren ist die reichere
Datensammlung. Nicht nur die Erfassung von
Client-Merkmalen wie PlugIns, Bildschirmauflösung
o.ä., sondern auch die Messung von
Flash-Sites oder der Inhalte von Web-Formularen
ist mit server-basierten Verfahren nur schwer
möglich.
4.
Lösung auswählen (2): InHouse
oder ASP?
Sämtliche Lösungen können
sowohl extern wie intern realisiert werden,
gewöhnlich werden aber server-basierte
Verfahren intern installiert und für
client-basierte Verfahren ASP-Anbieter (Application-Service-Provider)
genutzt. Für die interne Lösung
spricht die höhere Datensicherheit.
Die Nutzungsdaten können - insbesondere
bei Finanzdienstleistern - sensible Informationen
enthalten und jede Datenübertragung
und externe Speicherung erhöht das
Risiko von Missbrauch und Verlust.
Letztlich
handelt sich hier aber um eine Kostenfrage.
Die interne Installation von server- oder
client-basierten Lösungen erfordert
einen erheblichen Aufwand an Zeit und technischer
Infrastruktur. Die Installation eines Web-Analytics-Systems,
das eine mit ASP-Anbietern vergleichbare
Qualität der Datenerhebung,
Verarbeitung, Aufbereitung, Speicherung
und Sicherung erreicht, werden nur größere
Unternehmen, die über eine bereits
funktionierende Business-Intelligence-Lösung
verfügen, erfolgreich schultern. Allen
übrigen sei die Nutzung externer Anbieter
empfohlen.
Insbesondere
abzuraten ist von der Strategie, eine scheinbar
günstige Logfile-Analyse-Software für
ein paar hundert Euro anzuschaffen und dann
belastbare Ergebnisse zu erwarten.
Den Aufwand, welchen Administratoren besonders
für die Filterung, Aufbereitung und
Speicherung der Daten aufbringen müssen
- nicht zu reden von den Hardware-Anforderungen
- machen den Anschaffungspreis der Software
zu einem vernachlässigbaren Faktor.
5. Lösung auswählen (3): Engere
Auswahl
In dem 'Einkaufsführer Web-Analytics'[1]
sind die Funktionen und Eigenschaften von
74 Lösungen erfasst und gelistet. Insgesamt
mag es weltweit 120 und mehr Angebote geben.
Ein Vergleich aller erhältlichen Lösungen
ist nicht praktikabel. Wo also anfangen?
Wenn Ihre Website 5 Millionen PageViews
und mehr pro Monat verzeichnet oder der
online-generierte Umsatz entsprechend groß
ist, dass auch ein hochwertiges Web-Analytics-System
seine Unkosten (ab 1000 Euro/Monat) durch
bessere Steuerung von Kampagnen und Steigerung
der Konversionsrate leicht wieder einspielt,
beschränkt sich die Auswahl auf ca.
20 Anbieter, allen voran die großen
vier[2]:
- Coremetrics,
- Omniture,
- WebSideStory,
- WebTrends,
- aber
eben auch viele weitere.
Die
konkrete Entscheidung hängt von den
individuellen Anforderungen ab.
Eine
Ebene darunter kann man Google Analytics
[3] als Referenz empfehlen. Das seit November
2005 kostenlose Angebot von Google, früher
unter dem Namen Urchin bekannt, bietet eine
sehr gute Oberfläche, viele Funktionen
und eine gute Erfassung von Kampagnen und
Konversionspfaden.
In
jedem Fall ist besser, dieses oder ein anderes
Angebot einfach ein Weile in einem Bereich
der Website zu testen und Erfahrungen zu
machen:
- Ist
die Oberfläche verständlich
und gut navigierbar?
- Können
die verschiedenen Nutzergruppen
(Marketing, IT, Vertrieb) leicht auf die
für sie wichtigen Daten zugreifen?
- Werden
Kampagnen und wichtige Pfade auf
der Site abgebildet und gemessen?
- Welche
Kennzahlen werden im System geboten?
- Ist
es notwendig (und möglich) weitere
Berechungen in Tabellenkalkulationen
zu machen?
- Ist
die Datenaktualität adäquat?
- Können
auch 1-Party-Cookies verwendet
werden (und wie wichtig ist dies)?
- Können
individuelle Reports per E-Mail
zugestellt werden?
- Werden
Optimierungsfeatures wie Besuchersegmentierung,
Navigations-Analysen und A/B-Tests
angeboten?
- Wie
gut ist die Integration von PPC-, Banner-
oder E-Mail-Kampagnen?
- Wie
schnell und kompetent ist der Support?
- Können
individuelle Features realisiert
werden?
Auch
in Gesprächen mit Kundenberatern ist
es wichtig, möglichst konkret zu sein
und Systeme auszuprobieren, um zu erfahren,
wo sich anfängliche Bedenken als nebensächlich
erweisen oder Selbstverständlichkeiten
problematisch werden.
6. Training & Support
Die Einrichtung und Einstellung des Systems
- Verschlankung der Page-Tags, Setzen der
optimalen Cookie-Werte, Einrichtung von
Daten-Import- und Export-Services, uvm -
erfordert erhebliches lösungsspezifisches
Know-how, dass nur in Zusammenarbeit
mit den Mitarbeitern des Web-Analytics-Anbieters
erlangt werden kann. Es ist darum extrem
wichtig, dass dieser Support schnell reagiert
und kompetent helfen kann.
Neben
der technischen Seite ist es wichtig, die
inhaltlichen Zusammenhänge von Web-Analytics
im Unternehmen zu schulen. Die Grundlagen
der Datengewinnung, die Zusammenhänge
von Besucherverhalten, Kennziffern und Umsatzeffekten
sind nicht als selbstverständlich vorauszusetzen.
Erst durch ein Training der Mitarbeiter
können die Analyse-Ergebnisse in den
Arbeitsalltag integriert und fruchtbar gemacht
werden.
Zudem
erfordern Web-Analytics-Systeme - wie jede
andere Software auch - eine Schulung der
der Nutzer hinsichtlich des Umgangs mit
dem System. Viele Lösungen ermöglichen
den Benutzern zudem die Einrichtung persönlicher
Startseiten oder 'Dashboards', so dass regelmäßig
wichtige Daten schnell und komfortabel
erreichbar sind. Nicht jede Funktion wird
von jedem Nutzer im Alltag verwendet, aber
umständliches Suchen oder falsche Einstellungen
stehen einer reibungslosen Bedienung
im Weg und verhindern einen routinierten
Umgang.
7. Regelmäßiges Controlling
Web-Analytics ist ein Werkzeug, um Entscheidungen
vorzubereiten und Entscheidungen zu überprüfen.
Eine spekulative Ausdeutung möglicher
Besucherbedürfnisse, -gedanken oder
-vorlieben verliert ihre Bedeutung,
wenn alternative Vorschläge in kürzester
Zeit auf ihre Wirksamkeit hin überprüft
werden können. Lange Diskussionen um
Layout, Formulierungen oder Platzierungen
verlieren ihre Relevanz gegenüber einem
schnellen und präzisen Praxistest.
Diese Art Entscheidungen zu treffen, erfordert
eine Bereitschaft die Performance
von Kampagnen und Konversionspfaden täglich,
mindestens aber wöchentlich zu überprüfen
und entsprechend zu handeln.
Und
es ist ebenso wichtig, neue Ideen
auszuprobieren (statt lange zu argumentieren)
und Fehler einzukalkulieren. Die Lernkurve,
wie eine Website zu einer gut geölten
Marketing- und Vertriebsmaschine werden
kann, wird desto steiler, je mehr eine Kultur
der harten Fakten und schnellen Entscheidungen
in einem Unternehmen besonders auch von
den höheren Management-Ebenen
an die Mitarbeiter vermittelt werden kann.
zu Frank Reese:
Frank Reese berät mit seiner Agentur
Ideal Observer Unternehmen bei der Auswahl,
Einführung und besseren Nutzung von
Web-Analytics-Systemen. Dazu kommen Schulungen
zum Thema und Hilfen bei der Optimierung
von Websites.
Kostenlos:
Exklusiv für marke-X-Leser gibt es
bis zum 23.03.2006 das 11seitige
Kapitel "Systemstart
- Einführung eines Web-Analytics-System"
(PDF, 480 KB) des "Einkaufsführers
Web Analytics 2005" zum freien Download.
Weiterführende
Links:
[1] Einkaufsführer
Web-Analytics
[2] Bekannte
Web-Analytics-Anbieter sind u.a.: Coremetrics,
Omniture,
WebSideStory
und WebTrends
[2] Google
Analytics
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