AM
und TB: Ideen
und Beiträge zu Trends rund um den
Bereich Marketing und Werbung. Also das,
was uns selbst fasziniert und beschäftigt.
Oder stört. Je nachdem.
marke-X:
Welcher
Beitrag aus dem letzten halben Jahr "beschreibt"
den Geist bzw. den Charakter von COMPANICE
am besten?
AM
und TB:
Das
Blog lebt durch Experimente und Ideen. Das
einzige, auf das wir eigentlich bewusst
verzichten, ist das bloße Vorstellen
einer Marketing-Aktion, wenn sie uns nicht
länger (negativ oder positiv) beschäftigt.
Was uns immer Spaß macht, ist eine
- vielleicht auch absurde - Idee etwas weiter
zu vertiefen, wie etwa beim Fakevertising
oder der eBay Verschwörungstheorie.
![](../../../img_glob/verschwoerung_companice.gif)
Auszug aus der ebay-Verschwörungstheorie...
marke-X:
Ideen
wie die "ebay Verschwörungstheorie"
- sehr gelungen übrigens - haben bei
Ihnen schon fast den Umfang eines Artikels.
Ist das Absicht oder fällt Ihnen einfach
immer viel zu einem Thema ein?
AM
und TB:
Ganz
ehrlich? Manchmal geht einfach der Gaul
mit uns durch. Und wir hören uns gerne
reden (s.u.). Da kommt dann etwas Längeres
raus, wie der von Ihnen angesprochene Artikel,
oder komplett eigenständige Aktionen,
wie Fakevertising.
marke-X:
Gerade
zu diesem Thema liest man in letzter Zeit
viel in Ihrem Blog. Was verbirgt sich hinter
dem "Fakevertising" Projekt? Und
wie sind Sie auf die Idee gekommen?
AM
und TB:
Es
ist Tradition, dass sich Werbeagenturen
bei sogenannten "Kreativwettbewerben"
messen - für den Außenstehenden
eine recht eitle, bisweilen alberne Angelegenheit.
Die aber so ernst genommen wird, dass dabei
teilweise Motive eingereicht werden, die
entweder nur kurz oder manchmal gar nie
das Licht der Öffentlichkeit erblickten,
weil der Kunde keinen Mut hatte oder kein
Budget. Wir haben dieses Vorgaukeln "Fakevertising"
(Fake=Fälschung) genannt. Und möchten
die Methode demokratisieren. Denn mittlerweile
kann jeder "Photoshop (Elements)"
bedienen und selbst seine eigene Werbung
kreieren. Und dann so tun, als habe er da
gerade eine tolle Nike-Werbung für
den chilenischen Markt entdeckt. Die wenigsten
von uns kennen persönlich jemanden
in Chile und können das schlecht nachprüfen.
Das ist Fakevertising: Effektiv, global
anwendbar, demokratisch, und dabei sehr
günstig. Die Zukunft der Werbung. Jeder
kann mitspielen!
Forciert
wird diese Entwicklung natürlich durch
das Medium, über das wir hier sprechen:
Blogs. Blogger sind meistens von Natur aus
faul (aber hinterher wenigstens ehrlich,
wenn sie sich irren). Und daher ist es ein
Glücksspiel, ob man da gerade die Dokumentation
einer realen Kampagne, eine bewusste "Fälschung",
oder die verirrte Datei aus dem Trashordner
eines gelangweilten Grafikers amplifiziert.
Gute Fälschungen verbreiten sich weiter,
weil sie geniale Ideen repräsentieren.
Fakevertising ist also nicht etwa "böse".
Sondern besonders kreativ: Fakevertising
macht Marketing spannend und vielleicht
die Unternehmen wieder etwas mutiger. Mal
sehen, ob das stimmt. Daumen drücken!
marke-X:
Wie
sind Sie auf den Namen COMPANICE gekommen?
AM
und TB:
Die
Mischung aus "Company" und "nice"
war ein spontaner Einfall und irgendwie
eine passende Metapher für das idealtypische,
nicht-existente Unternehmen, das den Kunden
freundlich anspricht, ihn ernst nimmt, ihn
kumpelhaft an sich heranlässt. Die
Ergänzung "No More Bullshit Marketing"
zeigt, wo der Hase lang läuft.
marke-X:
Viele
Business-Blogger zitieren populäre
Quellen und ergänzen das ganze mit
Ihrer eigenen Meinung. Bei Ihnen hat man
das Gefühl, dass Sie sich wesentlich
mehr Arbeit machen. Wie entsteht ein typischer
Beitrag für COMPANICE?
AM
und TB:
Gute
Frage. Nächste Frage. Also, populäre
Quellen zitieren auch wir gerne, sofern
es zum Thema welche gibt. An den meisten
Beiträgen arbeiten wir gemeinsam, weshalb
wir oft etwas ausschweifender werden. Dann
wird gekürzt und die Essenz mag etwas
"tiefergehender" erscheinen.
Eigene
Themen entstehen wirklich überall.
Meist fängt einer von uns einen Beitrag
mit einer dummen Bemerkung über etwas
an und dann wird von beiden Seiten so lange
daran geschraubt, bis es passt. Ab und zu
nutzen wir den Telefonjoker und rufen in
Presseabteilungen von Firmen an usw. Kollege
Milles ist ja etwas journalistisch vorbelastet,
der ist dann für den Feinschliff, sprich
für die gute Qualität der Beiträge
verantwortlich. Herr Brem dreht meistens
etwas am Rad (der Verschwörungstheorien)
marke-X:
Christian
Rothe (zorno.de) hat im Interview sein Engagement
als Blogger u.a. mit einer aufklärerischen
"Mission" verglichen. Nico Zorn
schätzt die neuen Kontakte, die er
über seine Blogs erhält. Welche
Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Blog?
AM
und TB:
Wir
suchen Anerkennung. Mitleid. Ergötzen
uns an gemeinsamem Lachen, bis die Tränen
kommen, z.B. wenn wir beim Mittagessen über
TV-Werbung abflashen und uns etwas Abgefahrenes
ausmalen. Und dann auf COMPANICE testen:
Auf welchen Nährboden fällt die
Idee? Wer reagiert auf eine eBay-Verschwörungstheorie?
Wann gründet das Unternehmen um die
Ecke eine Gruppe bei Flickr, um Marketing
zu machen?
marke-X:
In
der Benennung der einzelnen Rubriken Ihrer
Website sind Sie äußerst kreativ.
Was verbirgt sich beispielsweise hinter
"flickrtising" oder "brand
wikization". Wie sind sie auf die Rubriken
gekommen und welche ist Ihre liebste?
AM
und TB:
Flickrtising
ist das Nutzen von Flickr als Marketing-Kanal:
Man gründet als Unternehmen dort eine
passende Gruppe. Es gibt bereits zahlreiche
solcher Gruppen bei der Foto-Plattform,
in denen Mitglieder weltweit freiwillig
und ohne Aufforderung Fotos von sich und
ihren Schuhen, Klamotten oder ihrem Motorrad
sammeln und austauschen. Ein unglaubliches
Potenzial! Eng damit verwandt ist Brand
Wikization, ein Begriff, der aus dem angloamerikanischen
Raum stammt und das hier ebenfalls bereits
beschriebene Open Source Marketing meint:
es geht im Grunde allgemeiner darum, dass
Unternehmen zunehmend wieder bereit sind,
ihre Marke ein Stück weit in die Hände
der Kunden zu legen. Und zu schauen, was
dabei rauskommt. Wie bei einem Wiki. Oder
eben auf Flickr.
Zum Thema Lieblingsrubriken: Am coolsten
finden wir immer noch die "ursprünglichen"
Rubriken, und wie sie - fast dotcomtod-artig
einmal geplant waren: lovemarks (die Guten),
questionmarks (die Siechenden), shitmarks
(die Bösen). Das war super und einfach
und hat vor allem alphabetisch gut geklappt.
Nur leider total am Markt vorbei: Nach vier
oder fünf Einträgen haben wir
gemerkt, dass die Leute immer nur den aktuellsten
Artikel lesen oder nach Sachen suchen, die
sie in diesen Rubriken scheinbar nicht vermuten.
Daher haben wir radikal erweitert: Unsere
Lieblingsrubrik ist seither eigentlich "Spezial"
- die Kategorie, mit der Bob Andrews von
den "drei ???" seine helle Freude
hätte: das Archiv, abgrundtiefe Sammelsurium
und die rohe, ungeschliffene Vollversion
von allem.
marke-X:
Wie
viele Nutzer hat Ihr Weblog bzw. wie würden
Sie den Erfolg Ihrer Site generell einschätzen?
AM
und TB:
Im
Moment haben wir im Schnitt etwa 50 User
am Tag. Wir arbeiten ja beide in derselben
Kreativ-Agentur, und häufig sind die
Dinge, die sich auf COMPANICE wiederfinden,
quasi "Abfallprodukte": Eine Reproduktion
dessen, worüber wir reden und was uns
beschäftigt. Von daher ist jeder Leser
ein Erfolg. Und jeder, der wiederkommt,
ein Zeichen.
Na ja, die meisten verlinken uns wahrscheinlich
nur wegen dem "Kann ich helfen?"
Header. Ist okay.
marke-X:
Verdienen
Sie etwas mit Ihrem Blog?
AM
und TB:
Nö.
Ab und an kaufen ein paar Leute Bücher,
die wir gelesen haben und empfehlen. Wichtiger
als die 10 Euro im Quartal ist aber eigentlich
die Freude darüber, dass sie die richtigen
Sachen lesen. Es gibt natürlich Erfolgsmomente,
die sich nicht in Euro messen lassen: Ein
Interview mit Marke-X beispielsweise. Der
Artikel über Spreadshirt brachte uns
das Angebot ein, einen Newsletter für
den Merchandising Anbieter zu schreiben.
Das sind Streicheleinheiten für die
Bloggerseele und erzeugt Traffic (~10 Hits).
Gut
tut auch, dass einige Leser unsere T-Shirts
tragen. Die verteilen wir regelmäßig
in bester "Panem et Circenses"
Manier an die treuen Leser (schreiben Sie
jetzt eine Mail mit Kennwort "Marke-X"
an companice@gmail.com, drei Shirts sind
im Pott, einmal XXL und zweimal L). Wer
nicht gewinnt, darf gerne eins kaufen.
marke-X:
Welches
Marketing Potenzial lässt sich durch
Weblogs generell erschließen?
AM
und TB:
Blogs
bieten eine sehr gute Möglichkeit,
Marketing wieder etwas ehrlicher und bodenständiger
zu betreiben, also mit Kunden oder Interessierten
auf der vielbesungenen Augenhöhe in
Kontakt zu treten - und auch Kritiker auf
(s)eine Seite zu holen. Wenn man sich anschaut,
wie Bob Lutz von GM schreibt, oder was der
Scobleizer für Microsoft mittlerweile
bedeutet, erkennt man, welches Potenzial
Blogs nicht nur bei der Imagebildung haben.
In Deutschland ist man nicht grundlos so
skeptisch: Auch wenn über Blogs ständig
berichtet wird, sind sie noch nicht wirklich
beim Business-Publikum angekommen. Das ist
wie mit Windows und Linux, Winamp und iTunes
oder dem Firefox und Opera: Es gibt einen
sehr aktiven Kreis von Anhängern. Die
versuchen dann, eine große Mehrheit
für ihre heilige Kuh zu begeistern.
Und manchmal erreichen sie das Gegenteil,
je mehr sie bekehren wollen, drängen
die Leute in die Ecke.
Viele deutsche Internetnutzer können
einen Blog vermutlich gar nicht von einer
"normalen" Seite unterscheiden.
Auch wenn man das häufig als Technologiefeindlichkeit
auslegt, sollte man nicht vergessen: Wir
haben das Internet vor dem Aufkommen von
Weblogs bereits stark erschlossen. Anders
als in Frankreich und in vielen Ländern,
in denen Blogs sehr schnell populär
geworden sind, war es hierzulande schon
immer ziemlich einfach, eine Webseite einzurichten
und zu betreiben und dort seine Meinung
kundzutun. Wenn man nun als KMU mittlerweile
seit mehreren Jahren erfolgreich seine Webseite
betreibt, wartet man erst mal ab und fragt
sich: Whats the buzz? Wo ist der Unterschied
zu dem, was ich sowieso schon habe? Anders
gefragt: Sind Sie unzufrieden mit Ihrer
Form der Publikation und Marke-X als "Nicht-Blog"?
marke-X:
Ihr
Blog ist noch sehr jung, dementsprechend
auch die Erinnerungen an die Anfänge
ihres "Schaffens" sehr frisch.
Wenn Sie jemand jetzt um drei Tipps bittet,
die er bei der Umsetzung seines Weblogs
unbedingt beachten solle, welche würden
Sie ihm geben?
AM
und TB:
The
ultimate COMPANICE Blogging Guide:
-
Ich blogge nur, wenn ich etwas (wichtiges)
zu sagen habe.
-
Ich blogge nur, wenn ich eine eigene Meinung
zu einem Thema habe.
-
Ich blogge nur, wenn ich bereit bin, absolut
ehrlich zu sein und für alles gerade
zu stehen. Auch morgen noch.
Fürs
Rumtreiben in der freien Blogosphäre
ganz gute Grundregeln, und auch, wenn man
sich mal entschlossen hat, einen Blog aufzusetzen.
Ein Konzept und ein festes Ziel vor Augen
halten wir für Business-Blogger dennoch
für unerlässlich.
marke-X:
Was
ist bei der Wahl eines Blog-Dienstleisters
wie beispielsweise blogger.com, twoday.net
oder typepad.com wichtig?
AM
und TB:
-
Dass man das Teil bedienen kann. Damit
meinen wir weniger tolle Layouts und Vorlagen
und so weiter, sondern dass sich die Anbieter
Gedanken machen, was die Anwender brauchen.
Twoday ist im Vergleich zu myblog, wo
wir unsere ersten Blogschritte gemacht
haben, die Wucht in Tüten. Okay,
der Speicherplatz könnte etwas größer
sein. Wenn man es ernst meint, sollte
man vielleicht einen "professionellen"
Anbieter bevorzugen, mit wenig Ausfall,
oder gleich ein eigenes Blog aufsetzen.
Dass
die Leute mitreden können. Das ist
bei twoday derzeit noch nicht ideal gelöst,
aber die arbeiten dran. Siehe oben,
inzwischen gelöst (twoday rockt!)
marke-X:
Natürlich
würden unsere Leser noch gern erfahren,
welche Marketing Blogs Andreas Milles und
Tommi Brem am liebsten lesen (auch international).
AM
und TB:
Also
abgesehen von den "Großen Marketing-Brocken"
im Blog-Gulasch lesen wir gerne
die auf dem besten Weg dorthin sind.
International
findet man gute Sachen im
Der
erfrischendste Blog in der Agenturszene
ist unserer Meinung nach der Blog von
Für
die volle Packung und als Entschuldigung,
falls wir jemanden vergessen haben, empfehlen
wir einfach mal einen Blick auf unsere Bloglines
Abos:
marke-X:
Herzlichen
Dank für das Gespräch
AM
und TB:
Danke
ebenfalls, gerne.
marke-X:
PS:
Es gibt immer Dinge, die man als Außenstehender
nicht mitbekommt, die Sie aber gern kommunizieren
möchten...deshalb können Sie auch
gern noch eine Frage hinzunehmen.
AM
und TB:
Wir
machen bald wieder einen neuen Header, versprochen!
(spätestens für die Vorweihnachtszeit;)
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