ihn
übrig bleibt. Der individuelle Produktnutzen.
Doch wer einmal selbst versucht hat, die
Vorteile seiner Leistungen eindeutig und
fesselnd aus Kundensicht herauszuarbeiten,
stößt schnell auf viele Probleme:
Was sucht der Kunde überhaupt? Was
ist für ihn wichtig? Und worauf achtet
er? Klar, kann man die entsprechenden Daten
von einer Marktforschungsagentur kostenintensiv
erheben lassen. Doch wer hat dafür
das Geld und die Zeit? Zum Glück geht
es auch anders.
Anders
als man zunächst denken würde,
ist der Nutzen eines Produkts kein eigenständiges
psychologisches Phänomen. Nutzen
ist ein im Gehirn erzeugtes künstliches
Konstrukt aus Produkteigenschaften und inneren
Wünschen und Bedürfnissen. Wenn
Konsumenten also nach dem Vorteilen eines
Produkts suchen, dann geschieht dies vordergründig
rational anhand der Features. Unbewusst
sucht der Mensch jedoch vor allem nach der
Befriedigung von elementaren Bedürfniskategorien.
An
einem Beispiel lässt sich dies anschaulich
verdeutlichen:
Nehmen
wir an, jemand interessiert sich für
einen DVD-Recorder und durchsucht im Internet
das Angebot eines großen Elektronikversenders.
Dabei ist es nicht unwahrscheinlich, dass
er beim Stöbern auf eine Vielzahl
von sehr nüchternen Produktbeschreibungen
stößt, wie etwa die folgende:
Quelle:
Yagma.de[1]
Nach
einer Weile entdeckt er ein relativ teures
Gerät. Es wird mit ...
"12
Bit Video-D/A-Wandler / 108 MHz und Noise
Shaped Video (NSV) Technologie"
angepriesen.
Etwas teurer wird noch ein Recorder mit...
"2
x 12-Bit, 216 MHz Video-D/A-Wandler mit
Video Noise Shaping
und...
"DCDi
Faroudja FLI-2310 für beste Progressive
Scan- Wiedergabe"
angeboten.
Für
einen Neuling auf dem Gebiet der DVD-Recorder-Technologie
- und das dürfte die Masse der Kunden
sein - sind die beschrieben Produktfeatures
böhmische Dörfer. Aber nicht nur
das: Sie stellen überhaupt keinen Nutzwert
dar. Man fragt sich, was die Produkteigenschaften
nun für einen konkreten Vorteil bedeuten?
Klar, ansatzweise versteht man auch als
Laie, was sich hinter den Begrifflichkeiten
wohl verbergen wird. "Noise Shaped
Video" wird wohl irgendwas mit der
Bildqualität zu tun haben und, die
Megahertzzahl des "Video-D/A-Wandler"
wird wohl mit der Übertragungsqualität
des digitalen DVD-Video-Signals auf ein
analoges Fernsehgerät zusammenhängen.
Aber "DCDi Faroudja" klingt irgendwie
mehr nach Irak-Krieg als nach Seherlebnis.
Nun
will der Kunde aber eine begründete
Kaufentscheidung treffen. Und was
macht er in seiner misslichen Lage? Er sucht
nach Informationsquellen im Internet - Websites,
die die Technologien mit ihren kryptographischen
Bezeichnungen erklären und so
für ihn in Nutzen übersetzen:
Wie viel mehr an Sehqualität bringt
ein 216 MHz Wandler? Ist DCDi Faroudja so
einmalig, dass man damit seine Freunde beeindrucken
kann? Und bietet Video Noise Shaping tatsächlich
ein zuverlässigere Rauschunterdrückung
als ein Standard-Recorder?
Technik
Nutzen bringend verpackt ... das Hifi-Studio
Wittmann weiß, wie man ansprechende
Produktbeschreibungen schreibt[2]
Nutzen = emotionale Informationen für
das Unterbewusste
Allein
diese kurze Analyse zeigt schon, nach was
sich die menschliche Psyche bei der
Informationssuche tatsächlich sehnt:
Die Befriedigung von tieferliegenden Bedürfnissen
wie beispielsweise Sicherheit (zuverlässig
scharfes Bild), Prestige (beeindrucken von
Freunden) oder Ästethik (Bildqualität
als Ausdruck von Stil und Schönheit).
Dennoch
machen viele Händler und Hersteller
den Fehler, herausragende Innovationen
und Technologien von einer rein sachlichen
Seite zu beleuchten, anstatt auch das zu
erläutern, wonach die Kunden hintergründig
suchen: Nutzen.
Bedürfnishierarchie als Basis der
Nutzenargumentation
In
den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts
erforschte der Psychologe Abraham H. Maslow
die tieferliegenden Bedürfnisse
des Menschen. Das Ergebnis seiner Untersuchungen
ist die bekannte Maslowsche Bedürfnishierarchie.
Hiernach gliedert sich das menschliche Verhalten
in die Befriedigung von 8 unterschiedlichen
Bedürfnissen:
höhere
Bedürfnisse
|
Transzendenz-Bedürfnisse |
Sinn
stiften, Anderen helfen sich selbst
zu verwirklichen, ... |
Selbstverwirklichung
|
Potentiale
ausschöpfen, eine Identität
haben, im Einklang mit dem Kosmos sein,
... |
Ästhetische
Bedürfnisse |
Symmetrie,
Schönheit , Stil, ... |
Kognitive
Bedürfnisse |
wissen,
verstehen, Neues kennen lernen, Ordnung,
... |
Prestige-
und Selbstwert- Bedürfnisse |
wertgeschätzt
werden, eine Rolle in der Gruppe einnehmen,
kompetent sein, ... |
Soziale
Bedürfnisse |
einer
Gruppe angehören, verbunden sein
mit anderen, zugehörig sein, Liebe
erfahren ... |
Sicherheits-Bedürfnisse
|
Sicherheit,
Behaglichkeit, Bequemlichkeit, Ruhe,
Angstfreiheit, Vorhersagbarkeit (Zuverlässigkeit),
... |
Grundbedürfnisse
|
überleben
(Hunger und Durst, Atmen, Sexualität,
Schlaf und Entspannung, ...) |
niedere
Bedürfnisse
|
Maslowsche
Bedürfnishierarchie[3]
Wenn
ein Konsument einen DVD-Player kauft, dann
versucht er eine vernünftige Entscheidung
zu treffen. Psychologisch übersetzt,
heißt das: Möglichst alle seiner
niederen, mittleren und höheren Bedürfnissen
zu befriedigen. Ein Produkt, welches
dies am ehesten zu bewerkstelligen vermag,
steht in der Gunst des Konsumenten weit
oben.
Bedürfnisse sind nicht gleichwertig
Wichtig
für das Verständnis der Maslowschen
Bedürfnishierarchie ist, dass nicht
alle Bedürfnisse gleichwertig sind.
Am wichtigsten sind die niederen Bedürfnisse
wie etwa Sicherheit oder sozialer Umgang.
Erst wenn diese erfüllt werden, dann
interessiert sich der Konsument für
die höheren Kategorien. Dies ist auch
nur verständlich: Was nutzt
einem ein DVD-Recorder, der zwar gut aussieht,
aber nicht zuverlässig ist oder Mängel
in der Bildschärfe aufweist.
Die
Wichtigkeit von einzelnen Bedürfnissen
ist zudem abhängig von dem Produkt
und der angesprochenen Zielgruppe.
Für einen Designer wird die ästethische
Komponente eines DVD-Recorders wichtiger
sein als bei einem Technikfreak, der vielleicht
mehr die Selbstwert und Prestige orientierten
Eigenschaften des Produkts (Verarbeitung,
Features, Markennamen, etc.) wertschätzt.
Nutzen finden und kommunizieren
Wie
findet man aber nun konkret den Nutzen für
sein Produkt? Eine kurze Anleitung:
-
Produkt- bzw. Dienstleistungseigenschaften
Die Eigenschaften und Features des Produkts
oder Dienstleistungen stellen die Basis
für jede Nutzenargumentation dar.
Sie gründlich zu erfassen, ist der
erste und wichtigste Schritt.
- Nutzen,
Leistungseigenschaften und Bedürfnishierarchie
Als nächstes formuliert man zu jeder
Kerneigenschaft der Dienstleistung oder
des Produkts mindestens eine Nutzen fokussierte
Aussage. Und zwar zu möglichst jeder
der 7 Bedürfniskategorien (ohne Grundbedürfnisse).
Wenn ein klares Bild der Zielgruppe besteht,
können Sie auch gleich Zielkäufer
spezifische Nutzenaussagen formulieren.
Aber vorsicht! Eine wirklichen Nutzen
zu jeder Eigenschaft auf Basis der Bedürfnishierarchie
zu finden ist schwerer, als man denkt.
Es ist nicht schlimm, wenn Sie in dieser
frühen Phase auch mal übertriebene
oder abgefahrene Produktnutzen formulieren.
Teilweise entwickeln sich gerade aus diesen
"weichen" Nutzenaussagen hinterher
sehr gute Differenzierungsmöglichkeiten
zum Wettbewerb. Denn so sinnvoll die Orientierung
an Bedürfnissen auch ist, letztendlich
entscheidet die menschliche Psyche darüber,
ob der Nutzen auch als fesselnd, besonders
und einzigartig wahrgenommen wird oder
nicht. Und da hat schon mancher Texter
eine Überraschung erlebt.
- Testen
Gerade, wenn man sein Produkt oder seine
Dienstleistung bis ins Detail kennt, hat
man häufig Scheuklappen auf, die
einem den unabhängigen Blick auf
die eigene Leistung und deren Nutzen unmöglich
machen. Im letzten Schritt gilt es deshalb
die entwickelten Nutzenaussagen zu testen.
Hierzu reicht es meistens, seine Ideen
ein paar Freunden und Bekannten aus der
Zielgruppe vorzustellen, um wertvolles
Feedback zu bekommen.
Beim Test von verschiedenen Nutzenargumentationen
ist es ratsam ebenfalls abzufragen, in
welchem Kontext die Formulierungen Anwendung
finden sollten: im Rahmen einer allgemeinen
Erläuterung der Vorteile des Produkts?
zur Beschreibung von einzelnen Features?
oder als Teil einer Eigenschaftsbetitelung
selbst? Auch hier beweisen viele Konsumenten
aus der Zielgruppe einen exzellenten Riecher,
für die Aussagen, die später
ankommen.
Eine
bedürfnisorientierte Nutzenargumentation
ist der Kern einer erfolgreichen Produkt-
bzw. Dienstleistungsvermarktung. Nur wenn
die Zielgruppe auch versteht, was Sie zu
bieten haben, wird sie die Leistung auch
entsprechend wertschätzen. Aber nicht
nur das: Über eine kreative Nutzenfokussierung
lassen sich geschickt Alleinstellungsmerkmale
herausarbeiten, die die eigene Leistung
in der Wahrnehmung der Zielgruppe
einzigartig erscheinen lassen. So lassen
sich effizient Wettbewerbsvorteile erschließen.
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