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ConnectedMarketing: Marketing mittels Mundpropaganda

 
Interview mit Martin Oetting (MO) - Autor des Weblogs ConnectedMarketing.de
 

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marke-X: Herr Oetting Sie sind Herausgeber des Weblogs "ConnectedMarketing.de". Der Name klingt geheimnisvoll. Was erwartet den Leser auf Ihren Seiten?

MO: Informationen, Tipps und Hinweise über den Umgang mit Mundpropaganda als professionelle Marketingaufgabe. Persönliche Empfehlungen sind
 

für den Geschäftserfolg ungeheuer wichtig - und das nicht nur für den Friseursalon an der Ecke, sondern auch für große Markenartikler und andere Großunternehmen. Wer sich dafür interessiert, wie man mit Mundpropaganda im Marketingsinn umgehen kann oder sollte, wird bei mir fündig.

marke-X: Welcher Eintrag der letzten Monate "beschreibt" den Geist bzw. den Charakter von ConnectedMarketing.de am besten?

MO: Ich glaube, dass das Muster meiner Einträge immer ähnlich ist - es gibt einen aktuellen Anlass (beispielsweise eine Kampagne, einen interessanten Artikel, eine Meldung), den ich mir vornehme und entweder nur kurz schildere, oder aber auch kritisch zu kommentieren versuche. Kritisch heißt dabei nicht unbedingt ‚negativ', sondern eher ‚nachfragend', ‚bewertend'. Häufig befasse ich mich bei aktuellen Kampagnen und Entwicklungen auch mit anderen Ländern, insbesondere den USA.

Dort ist die Entwicklung schon deutlich weiter fortgeschritten - ohne, dass ich das positiv bewerten will! Mein persönlicher Eindruck ist nur, dass dort die Leute sehr viel bereitwilliger und auch ausführlicher in ihrem Privatleben über Konsum und Marken reden, daher fällt die Idee des Marketing mittels Mundpropaganda dort vermutlich schneller auf fruchtbaren Boden.

Mir geht es allgemein darum, diese Entwicklungen aus einer deutschen Sicht zu beleuchten - immer zu versuchen herauszufinden, was das in Deutschland bedeuten könnte, ob manche Idee hier funktionieren oder manche Debatte hier ähnlich oder ganz anders ablaufen würde.


Auch Procter & Gamble setzt auf Marketing mittels Mundpropaganda [1]

In dem Sinn typische Einträge wären vielleicht "P&Gs Tremor unter Druck"[2] oder "Oettinger Bier ohne Werbung, aber mit Community"[3].

marke-X: Für was steht der Name "ConnectedMarketing" konkret?

MO: Entstanden ist er aus einem Buchtitel. In diesen Tagen kommt das Buch "Connected Marketing" [4] heraus, das von Justin Kirby und Dr. Paul Marsden herausgegeben wird. Ich habe die beiden beim Kontaktieren und Einwerben der verschiedenen Autorenbeiträge unterstützt und außerdem selber ein Kapitel beigesteuert.


ConnectedMarketing: Weblog und Buch

Im vergangenen Sommer hatte ich die URL reserviert, weil ich damals dachte, sie könnte vielleicht für die Vermarktung des Buches nützlich sein. Als ich dann Anfang 2005 mein Blog gestartet habe, lag es nahe, die URL zu verwenden. Connected Marketing steht für die Idee, dass sich das Marketing in Zukunft sehr viel stärker auf die unzähligen Verbindungen - die "Connections" - zwischen den Menschen stützen muss, und weniger auf die Annahme, dass man die Massenmedien mit Inhalten beschießt, die dann den Konsumenten in die Köpfe gehämmert werden.

Wer seine Inhalte so zu verpacken versteht, dass sie sich über die Verbindungen zwischen Menschen fortpflanzen, der wird künftig erfolgreich Marketing betreiben. Ein einfaches Beispiel: ein Blogger in einem Unternehmen ist mit der "Außenwelt" durch seinen Blog vernetzt, berichtet über spannende Entwicklungen im Unternehmen, diese verbreiten sich über die Blogosphäre. Oder: ein Unternehmen lädt Konsumenten ein, an Entscheidungen über das Marketing des Unternehmens mitzuwirken, die Leute fühlen sich involviert, berührt, gehen los und erzählen anderen davon. Das ist Connected Marketing!

marke-X: Warum findet man bei Ihnen eigentlich so wenige lustige Videos und Flash-Spiele?

MO: Gute Frage! :-) Ich glaube, weil es erstens schon genug andere Blogs gibt, die das bieten, und weil ich mich zweitens mehr für das "Wie" und das "Warum" interessiere - wie funktionieren die grundlegenden Mechanismen? Lustige Videos und Flash-Spiele funktionieren ja vor allem aufgrund einer guten kreativen Idee, die Leute berührt. Es geht also um Bauchgefühl, um kreative Intuition. Das ist zweifellos ein spannendes Thema - für das ich mich auch sehr erwärmen kann (ich mache z. B. selber Musik). Aber mein Blog soll Marketingansätze erklären und verstehen helfen. Damit kommt man nicht so weit, wenn man lustige Filme zeigt.

marke-X: Ihr Weblog unterscheidet sich noch in weiteren Punkten von anderen "Online-Tagebüchern". Ein Aspekt ist besonders hervorstechend: Sie stellen häufig nicht nur ein interessantes Thema vor und verweisen auf externe Quellen, sondern versuchen neue Ideen immer gleich auch ein wenig zu konzeptualisieren. Persönliche Eigenart oder ein Aspekt, der vielen Weblogs noch fehlt?

MO: Das liegt wohl in meiner Natur… damit ich selber eine Sache richtig verstehen kann, muss ich sie irgendwie einordnen. Und das versuche ich dann eben auf meinem Blog - für mich, und vielleicht ja auch für andere. Ich bin selbst ein ständig Lernender, und bemühe mich daher darum, die verschiedenen Ideen, die laufend auf mich einprasseln, irgendwie einzuordnen, klarer zu machen und auf diese Weise selbst besser zu verstehen. Und meine Hoffnung ist, dass es den Lesern meines Blogs vielleicht ähnlich geht.

marke-X: Wie ausführlich sollten Beiträge in einem Weblog generell sein? Gibt es da eine Regel?

MO: Ich glaube nicht, dass es dazu eine feste Regel gibt. Jede(r) sollte so bloggen, wie er/sie mag. Das entsprechende Publikum findet sich dann von allein. Es kann gut sein, dass manchen Leuten manche meiner Texte zu lang sind - das tut mir leid, dann ist mein Blog vielleicht nicht der Richtige für sie.

marke-X: Viele PR- und Marketing-Leute würden gerne Weblogs in ihre Öffentlichkeitsarbeit sinnvoll integrieren, fragen sich jedoch, wie sie Blogger am besten ansprechen sollen. Gibt es hier Grundregeln oder bestimmte Verhaltensweisen, an die man sich halten kann?

MO: Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier dasselbe wiederhole, was alle anderen sagen: Es geht nichts über Transparenz. Wenn ein Unternehmen sich an einen Blogger wendet, sagt, was es will und offen fragt, ob es Möglichkeiten der Zusammenarbeit geben könnte, bzw. ob der Blogger bereit wäre, eine Meldung oder Information weiterzugeben, kann eigentlich - meiner Ansicht nach - nichts schief gehen. Schlimmstenfalls sagt der Blogger ‚nein'.

Voraussetzung ist allerdings eine persönliche Ansprache. Ein Massenmail an "alle Blogger", in der Art einer Pressemeldung, landet garantiert im Müll (oder, schlimmer: wird negativ auf dem Blog kommentiert!). Ich glaube, dass die meisten Blogger den Eindruck haben möchten, dass das Unternehmen einen Grund dafür hat, sich gerade an sie zu wenden. Man möchte vermittelt bekommen, dass das Unternehmen den Blog auch wirklich kennt.
Wer wissen will, wie man's nicht macht, sollte einfach mal "bullshit marketing" googeln.

marke-X: Im Rahmen des Viral Marketing wird Weblogs immer häufiger eine zentrale Schlüsselrolle zugeschrieben. Welche Möglichkeiten (außer ein eigenes Blog zu erstellen) gibt es denn, um Blogs in seine Viral Marketing Aktivitäten einzubinden?

MO: Ich muss zugeben, dass ich noch nicht so ganz erklären kann, wie genau Unternehmen virale Prozesse über Blogs anregen können. Ich habe das neulich mit Klaus Eck diskutiert, der auch sagt, dass es letztlich heute noch sehr schwer vorherzusehen ist, welche Geschichte wirklich "abhebt", und welche von den Bloggern einfach ignoriert wird. "Viral" im eigentlichen Sinne heißt ja, dass sich etwas wirklich epidemisch fortpflanzt. Natürlich kann man davon ausgehen, dass ein wirklich abgefahrener - vielleicht gar kontroverser - Film, den man als mpeg irgendwo hinstellt, seine Runde macht. Aber was für Geschichten man erzählen muss, damit sich die Blogosphäre darauf stürzt, weiß ich noch immer nicht so genau.

Ich habe selber neulich mal ein Experiment mit meinem "BlogRock" gemacht: gemeinsam mit einem Freund habe ich eine Art Rap/Rock produziert und auf meinen Blog gestellt [5] - nicht ganz ernst gemeint, aber gespickt mit Blogger-Insider-Geschichten. Es gab einige Resonanz, Schockwellenreiter und auch Spreeblick haben darauf gelinkt, aber nach wenigen Tagen war's wieder vorbei. Naja, vielleicht was der Song ja einfach zu schlecht… ;-) Wirklich bleibende Wirkung mittels viraler Effekte über Blogs zu erzielen, ist bislang wirklich noch eine große Kunst.

Aber ich glaube, dass es darum auch nicht wirklich geht. Wichtiger ist für Unternehmen, dass sie durch (positive) Erwähnungen in Blogs und durch eigene Blogs eine Spur in die Blogosphäre legen können, die interessierte potenzielle Kunden über Google oder Technorati finden. Darum geht's meiner Ansicht nach beim Marketing in der Blogosphäre.

marke-X: Inhaltlich stößt man in Ihrem Blog immer wieder auf den Begriff "Open Source Marketing". Wie passt das mit Mundpropaganda zusammen?

MO: Mich interessieren ja die Mechanismen, die "dahinter" liegen: was regt Leute zum Sprechen an, was wollen sie mit anderen teilen? Und Open Source Marketing ist ein sehr interessanter Ansatz in diesem Zusammenhang. Forschungsergebnisse aus verschiedenen Bereichen legen nahe, dass man dann, wenn man Entscheidungsbefugnisse und Gestaltungsspielraum an seine Kunden abtritt, eine sehr interessante Form des Involvement erzielen kann, das sich auch in positiver Mundpropaganda äußert.

Wenn ein Unternehmen plötzlich beginnt, wirklich auf Input von außen zu achten, und diesen in die eigenen Aktivitäten einzubeziehen, dann gibt es damit den Beteiligten Konsumenten auch so etwas wie "conversational value" mit auf den Weg: sie haben etwas, was sie anderen erzählen können. Derzeit untersuche ich diese Effekte gerade im Rahmen meiner Doktorarbeit, und betreibe seit kurzem auch gemeinsam mit Dr. Paul Marsden ein englischsprachiges Blog dazu (consumerempowerment.com) [6].

marke-X: Woher stammen die Ideen zu Ihren Blog-Beiträgen? Wie entsteht ein typischer Eintrag auf ConnectedMarketing.de?

MO: Oben hatte ich ja schon einiges dazu erklärt - ich versuche rund 35 verschiedene Blogs im Auge zu behalten (glücklicherweise posten die nicht alle jeden Tag… nur Steve Rubel (micropersuasion.com) [7] ist wahnsinnig, der postet am Tag 10 mal…), habe dazu einige Google Alerts, und bekomme außerdem dankenswerter Weise regelmäßig die Presseschau der Grey-Gruppe ("Guten Morgen Grey") [8], eine wirklich gut gemachte ausführliche Artikelsammlung, welche die wichtigsten Marketing- und Werberelevanten Geschichten aus der deutschen Printpresse zusammenstellt. Das ergibt einen guten Fundus an Informationen, auf denen ich dann aufbauend meine Einträge schreibe.

marke-X: Christian Rothe (zorno.de) hat im Interview sein Engagement als Blogger u.a. mit einer aufklärerischen "Mission" verglichen. Andreas Milles und Tommi Brem von Companice haben einfach Spaß beim Bloggen und suchen Anerkennung. Nico Zorn schätzt hingegen die neuen Kontakte, die er über seine Blogs erhält. Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Blog?

MO: Auch wenn "Mission" vielleicht ein etwas großes Wort ist… da ist auch bei mir was dran. Bereits seit dem Jahr 2000 bin ich mehr oder weniger intensiv an dem Thema Marketing und Mundpropaganda dran, und staune, dass es in Deutschland noch immer ein Nischendasein fristet. Sofern das machbar ist, würde ich gern ein wenig dazu beitragen, dass Unternehmen künftig etwas mehr die "Connections" zwischen den Menschen im Auge haben und spannende Themen bieten, und weniger stark dem ausschließlichen Beschuss durch die klassische Massenmedienkeule vertrauen.

Und natürlich stimme ich Nico Zorn und den beiden Companice-Bloggern zu - es macht Spaß, und die Kontakte sind immer wieder anregend und bereichernd, nicht zuletzt mit den gerade genannten!

marke-X: Wie viele Nutzer hat Ihr Weblog bzw. wie würden Sie den Erfolg Ihrer Site generell einschätzen?

MO: Meine Typepad Statistik gibt seit Beginn (Januar 2005) ein Tagesmittel von knapp 85 Hits aus, derzeit sind es pro Tag rund 200. Laut BlogCounter bin ich pro Tag bei 100 - 145 Visitors. Bei Bloglines habe ich 13 Subscribers. Mehr weiß ich nicht... Höchstens noch, dass ich einen Google-Page Rank von 6 habe. Derzeit kommt wahrscheinlich dadurch ein deutlich überproportional hoher Anteil Klicks durch Google zustande.

Natürlich freue ich mich sehr, bei Google gefunden zu werden, aber die Google-Visitors sind ja eher so eine Art Laufkundschaft, die nur nach einer spezifischen Information sucht und dann größtenteils nie wiederkommt. Es wäre natürlich schön, wenn es mehr Stammleser gäbe, die sich wirklich für das Thema an sich interessieren, und mit denen man diskutieren kann. (Wobei ich da auch nicht immer so reaktionsstark bin - Robert Basic hat sich neulich in einem ausführlichen Post mit einem Eintrag bei mir befasst, da habe ich nie ordentlich drauf reagiert. Entschuldigung!)

Aber viele Kontakte, die ich in Unternehmen habe, und die meine Themen spannend finden, sind keine Blogleser (haben nicht die Gewohnheit, abonnieren keine Feeds, etc.). Andererseits: viele Blogleser sind nicht so heiß auf Mundpropaganda und Marketing…

marke-X: Natürlich würden unsere Leser noch gern erfahren, welche Marketing Blogs und eZines Martin Oetting am liebsten liest (auch international).

MO: Wie gesagt, es sind allein über 30 Blogs. Ich versuche mal ein paar wichtige zu nennen:

USA:
England:
Frankreich: Deutschland:

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich marke-X bislang irgendwie noch nicht so auf dem Radar hatte… gibt's irgendwo einen RSS-Feed?

marke-X: Nein, gibt es noch nicht. Kommt aber bestimmt noch.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

   
   

Vertiefend zum Interview:
Das Weblog: ConnectedMarketing - Marketing mittels Mundpropaganda

[1] Word-of-Mouth-Marketing by Procter & Gamble

[2] "P&Gs Tremor unter Druck" (auf ConnectedMarketing)

[3] "Oettinger Bier ohne Werbung, aber mit Community" (auf ConnectedMarketing)

[4] ConnectedMarketing das Buch - Infos auf connectedmarketing.org

[5] BlogRock: Musik für Blogger (auf ConnectedMarketing)

[6] ConsumerEmpowerment Weblog

[7] Micro Persuasion Weblog

[8] Grey Global Group Deutschland
 
 
Weitere Marketing-Weblog-Interviews:
No more Bullshit Marketing - Interview mit Andreas Milles und Tommi Brem - Weblogautoren von COMPANICE

eMailMarketingBlog.de - Branchen-News und Trends aus der Szene - Interview mit Nico Zorn - Weblogautor des emailmarketingblog.de, von nicozorn.com und Herausgeber des eZines Werbeanzeige.de

Zorno.de - Miseses Marketing aufgedeckt - I
nterview mit Christian Rothe (alias Max Zorno) - Weblogautor von Zornos Tagebuch

Welt der Werbung: Hinter den Kulissen von Werbeblogger.de - Interview mit Patrick Breitenbach -
Weblogautor und Herausgeber vom Werbeblogger

Chance oder Hype - Welche Bedeutung haben Business-Blogs im Marketing? Interview mit Bernd Röthlingshöfer - Blogger und Autor von "Werbung mit kleinem Budget"

 
   
   

  
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