auf.
Ganz schlimm, wenn ein Freund oder Kollege
die Bedenken sogar noch untermauert. Dann
geht die Suche los: Und häufig findet
man im Internet dann doch noch eine Sichtweise,
die die eigene Entscheidung untermauert
und uns entlastet. Doch was passiert, wenn
Selbstzweifel schon während des Entscheidungsprozesses
auftreten? Gerade dann schieben Menschen
lieber einen Kauf auf oder wählen die
vermeintlich "sichere" Lösung.
Ärgerlich nur, wenn dabei das eigene
Produkt unter den Tisch fällt.
Ein
schrecklicher Zustand: kognitive Dissonanz
In
der Psychologie ist das Phänomen der
"ungeliebten Selbstzweifel" bereits
jahrzehntelang bekannt. Es wird als kognitive
Dissonanz bezeichnet (von kognitiv = Gedanken
und Dissonanz = Missklang)[1]: Wo immer
es geht, versuchen Menschen diesen Zustand
zu vermeiden.
Ein
Beispiel
Die
Sozialpsychologin Ellen Langer[2] hat
in einer Uni-Bibliothek ein sehr interessantes
Experiment gemacht. Sie gab Studenten
die Anweisung, sich möglichst vorne
in einer sehr langen Schlange vor einem
Kopierer vorzudrängeln. Dabei sollten
die einzelnen Probanden natürlich
keine Gewalt anwenden, sondern nur verbale
Überzeugungsarbeit leisten. Drei
Alternativen standen zu Auswahl:
- "Lässt
Du mich vor?"
- "Darf
ich vor? Ich muss unbedingt jetzt Kopien
machen.
- "Bitte
lass mich vor. Mein Professor braucht
diese Kopien dringend.
Was
meinen Sie, welche Alternative am erfolgreichsten
war?
Na
klar, Option 3. Fast alle Studenten ließen
den Probanden mit der relativ glaubwürdigen
Erklärung der Professor benötige
Kopien vor. Die erste Bitte verfehlte
hingegen das Ziel komplett. Weniger als
die Hälfte ließ diese Probanden
vor. Interessant ist, dass selbst die
eigentlich lächerliche Erklärung
"ich muss Kopien machen" immer
noch über 90% der Studenten überzeugte,
die Bittenden vorzulassen.
Harmonie im Kopf = Zufriedenheit
Menschen
hassen es, wenn sich ihr Handeln im Konflikt
mit ihren Überzeugungen befindet.
Wann immer es geht, wollen wir dass unsere
Entscheidungen mit unserem Denken übereinstimmen.
Bei
allem, was wir tun, legen wir uns insgeheim
Rechenschaft darüber ab, ob wir richtig
handeln. Dass sich jemand vordrängelt,
ohne einen nachvollziehbaren Grund dafür
zu nennen, ist bei fast allen Menschen nicht
im Einklang mit ihren Überzeugungen.
Es kommt zu kognitiver Dissonanz. Anders
verhält es sich hingegen, wenn man
einen nachvollziehbaren Grund erhält.
Dann befindet sich wieder unser Gewissen
im Einklang mit unserem Handeln und wir
lassen jemanden in einer Warteschlange vor,
der anscheinend dringenderen Bedarf für
Kopien hat.
Doch
was hat das jetzt mit Marketing zu tun?
Kognitive Dissonanz bei Kaufentscheidungen
Treffen
Menschen eine Kaufentscheidung, benötigen
sie im Vorfeld des Kaufs und im Anschluss
daran, nachvollziehbare und zumeist rationale
Gründe dafür, dass sie richtig
gehandelt haben. Das mag auf den ersten
Blick lapidar und selbstverständlich
klingen. Schließlich versucht ja jeder
beim Erwerb eines Produkts eine vernünftige
Entscheidung zu treffen. Doch das ist in
der Regel gar nicht das Problem. Entscheidend
für das Verständnis der menschlichen
Verhaltensweisen ist nicht etwa, dass
wir eine vernünftige Entscheidung treffen,
sondern eine, die uns und den Menschen in
unserem Umfeld als eine solche erscheint.
Die Wahl eines Providers oder die Kaufentscheidung
für eine Digitalkamera muss deshalb
nicht generell rational sein, sondern nur
konsistent zu unserem Selbstbild,
unserer Meinung und unserem Wissen bezüglich
der Produkte. Diese Tatsache hat erheblichen
Einfluss auf das Marketing.
Online-Kauf und kognitive Dissonanz
Nehmen
wir beispielsweise einen typischen Online-Kaufvorgang:
Jemand
will sich einen DVD-Player kaufen. Er lässt
sich vorher von einem Freund über die
beste Technik und sinnvolle Anschlüsse
beraten. Dann surft er ein wenig
im Netz. Dabei formt sich im Kopf ein Bild
über ein gutes Design, eine passende
Farbe und einen maximalen Preis. Schließlich
sucht er einen Online-Shop seines Vertrauens
auf und bestellt nach einem Preisvergleich
den DVD-Player einer bekannten Marke.
Nachdem
er die Bestellung getätigt hat, spricht
er am Abend mit einem anderen Kumpel über
seinen Kauf. Im Gespräch stellt sich
jedoch heraus, dass der bestellte DVD-Player
nur "deutsche" DVDs liest (also
nur auf einen Regional-Code bezogen ist
sowie keinen NTSC-PAL-Wandler hat) und so
die auf dem letzten New York Trip erworbenen
englischen Filme nicht abspielen kann. Die
Folge, ein Dilemma: Zum einen bietet
der erworbene Player eine sehr gute Technik,
ein Top Design und die benötigten Anschlüsse
zum anderen kann er aber nicht alle Filme
abspielen.
Die
Folgen einer solchen Situation sind für
einen Online-Händler in der Regel nicht
gravierend. Das Streben nach kognitiver
Dissonanzvermeidung treibt den Käufer
dazu, sich einzureden, dass seine erste
Entscheidung richtig war. Er sucht folglich
nach Gründen, die ihn in seiner Wahl
bestätigen, wie beispielsweise, dass
es keinen DVD-Player der gewünschten
Marke gab, der alle DVDs liest, oder dass
er die englischen Filme ja auch auf seinem
Notebook anschauen kann.
Viel
entscheidender als die Selbstzweifel nach
einem Kauf, ist für das Online-Marketing,
dass kognitive Dissonanz bereits im Kaufprozess
entsteht, denn dann hat der Käufer
ja noch keine Entscheidung getroffen. Folglich
entsteht zwar bei widersprüchlichen
Erkenntnissen eine kognitive Dissonanz,
die aber eher zu einem Bestellabbruch
oder einem Bestellaufschub führt,
da der Konsument mehr Zeit braucht, um sich
seine Meinung zu bilden und wieder im Einklang
mit seinen Überzeugungen zu handeln.
Ob der potentielle Kunden dann jedoch wieder
beim gleichen Shop landet, wo er zuvor bestellen
wollte, ist eher fraglich. Folglich heißt
das fürs Internet Marketing
Kognitive Dissonanzen vermeiden, was
immer auch kommt
Kern
eines erfolgreichen Internet Marketing ist
es, dem Aufkommen von Selbstzweifeln, wann
immer es geht, zuvorzukommen. Hierzu gilt
es 4 Grundregeln zu befolgen
- ausführlich
informieren
- schnelle
Entscheidungen fördern
- widersprüchliche
Informationen vermeiden und
- nachvollziehbare
Gründe für einen Kauf liefern
Doch was heißt das für die
Marketing Praxis konkret?
Die
nachfolgenden Strategien und Taktiken
fassen beispielhaft zusammen, worauf Sie
im Rahmen der Dissonanzvermeidung achten
müssen und welche Vorgehensweisen helfen,
Ihre Website zu einem noch anziehenderen
Pol im WWW zu machen:
Informative Einkaufsratgeber
Nicht
alle Online-Käufer haben eine klare
Meinung darüber, was Sie kaufen wollen
und warum. Wenn es beispielsweise darum
geht ein Geschenk auszusuchen, sehnen
sich viele nach einer helfenden Hand.
Dennoch setzen viele Online-Shops und Online-Dienstleister
keine Ratgeber ein, die Kunden helfen, eine
gute und vernünftige Entscheidung zu
treffen.
Ganz
unabhängig vom informativen Umfang
eines Ratgebers ist es wichtig Gründe
für einen Kauf des einen und des
anderen Produkts zu liefern. Gerade dadurch
fällt es Menschen leichter, eine Entscheidung
zu treffen, ohne dass kognitive Dissonanz
auftritt.
Sehr
umfangreich sind beispielsweise die Ratgeber
von Alternate. Zu jeder relevanten Kategorie
bietet der Online-Shop duzende von Seiten
hilfreicher Erklärungen und FAQs zu
fast allen Produkten [3].
Wie
einfach man einen aussagekräftigen
Ratgeber gestalten kann, zeigt der
DVD-Bereich von Amazon. Neben Filmstudio
und Jahres bezogenen DVD-Übersichten
bietet der Online-Händler auch eine
Liste aller Oscar-Gewinner seit 1929 mit
Verfügbarkeit auf DVD. Viel einfacher
kann man einen Grund zum kaufen quasi nicht
formulieren.
Viele
Kurzratgeber vereinfachen die Produktauswahl
bei Amazon (Quelle:
Amazon.de)
Foren und Produkt-FAQs verknüpfen
Gerade
im Vorfeld eines Kaufs, kommen bei vielen
Kunden wichtige Fragen auf, z.B.:
- Was
sind die Vorzüge dieser Technik,
was sind die Nachteile?
- Welche
Marke ist der derzeitige Marktführer?
- Wie
verlässlich sind einzelne Komponenten
auf Dauer?
- etc.
Antworten
auf Fragen dieser Art bietet in der Regel
keine Produktbeschreibung. Doch zur Dissonanzvermeidung
sind sie absolut notwendig. Um die Gefahr
eines Fehlkaufs zu mindern, versuchen
deshalb immer mehr Nutzer ihr Glück
in Foren. In der Hoffnung, dass die eigene
Frage schon einmal beantwortet wurde, nutzen
viele Konsumenten die Suchfunktion und blättern
durch die Ergebnisse oder stellen einfach
selbst eine eigene Frage ein.
Auch
wenn Foren aus Kundensicht höchst nützlich
sind , bedeutet es doch für
die meisten Online-Shops viel zu viel Aufwand
ein eigenes Forum einzurichten. Ganz zu
schweigen davon, eine kritische Masse
an Nutzern zu begeistern, die sich regelmäßig
an Diskussionen beteiligt. Nichts desto
trotz ist es sinnvoll, auf das kollektiven
Wissen einer themenspezifischen Community
zurückzugreifen.
Obwohl
den meisten Online-Händlern der Nutzen
von Foren-Wissen bewusst ist, werten die
wenigsten ihre Produkt-FAQs zu der jeweiligen
Produktgattung mit sinnvollen Fragen und
Antworten aus der Community auf. Dabei kann
gerade dieses Wissen dazu führen,
dass ein ansonsten "verloren"
gegangener Kunde im Shop bleibt und seine
Bestellung tätigt.
Wenn
Sie Informationen aus einem Forum "übernehmen",
sollte dies jedoch nur in Übereinstimmung
mit den jeweiligen Forenbetreibern geschehen.
Eine Kooperation von der jeder profitiert,
ist immer einer einseitigen Lösung
vorzuziehen. So könnte man als Shop-Betreiber
anbieten, zum Ende jeder FAQ das Forum mit
dem Satz "Noch ein Frage offen? Stellen
Sie sie doch im xyzforum.de
"
zu verlinken. Dies gibt nicht nur ein plus
an Besuchern für das Forum, sondern
auch einen Bonus für die Linkpopularität.
Zudem hätte dies noch einen weiteren
positiven Effekt: Nutzer, die über
die Produkt-FAQs zum Forum gelangen, stellen
mit großer Wahrscheinlichkeit eher
neue und qualifizierte Fragen, als
unwissendere Konsumenten. Auch für
Online-Händler bietet eine Kooperation
neben dem kollektiven Wissen der Community
weitere Vorteile: Der persönliche Kontakt
zu den Experten aus den einzelnen Kategorien
des Forums erleichtert die Auswahl von relevanten
und guten Threads (dt. Diskussionen) ungemein.
Top Ten Listen / Verkaufsrang / Testergebnisse
Um
schnelle Kaufentscheidungen zu begünstigen,
ist es sinnvoll, bei allen Produkten einen
Verkaufsrang einzublenden. Zum einen kann
der Nutzer seine Entscheidung für einen
Kauf mit einem hohen Verkaufsrang begründen
(schließlich wird die Masse der Käufer
ja nicht falsch liegen) zum anderen ist
das auch ein hervorragender Grund hinterher
seine Wahl gegenüber anderen und sich
selbst zu rechtfertigen ("
schließlich
gehörte das Produkt ja zu den 10 meistverkauften
der letzten Woche.")[4].
Auch
die Logos positiver Testergebnisse, die
das Produkt erzielt hat, gehören auf
jede Produktübersichtsseite. Der Grund:
Auszeichnungen reduzieren die Kaufwürdigkeit
eines Produkts auf ein relevantes Merkmal
- das Testergebnis. Es fasst die Qualität
des Produkts in allen relevanten Leistungskategorien
(Testkriterien) zu einem Urteil zusammen.
Viele Auszeichnungen sind ein guter Grund
zu kaufen (Quelle: amazon.de)
Um keine potentiellen Kunden zu verlieren,
sollten Sie nicht das gesamte Testergebnis
verlinken, sondern aller höchstens
eine größere Abbildung der Auszeichnung.
Ansonsten gehen Sie die Gefahr ein, dass
die Nutzer womöglich nicht mehr den
Weg zu Ihrem Shop zurückfinden.
Doch woher weiß man, welches Produkt,
welche Auszeichnung bekommen hat? Am besten
wissen natürlich die ausgezeichneten
Unternehmen selbst Bescheid. Wer jedoch
nicht bei der Presseabteilung jedes Herstellers
in seinem Katalog nachfragen will, dem bieten
mittlerweile eine Reihe von Testportalen
Produkt bezogene Übersichten der errungenen
Auszeichnungen wie beispielsweise:
Widersprüche vermeiden
Vor
ein paar Wochen erhielt ich per E-Mail das
Angebot eines Verlags, sein kostenpflichtiges
Online-Premium-Angebot für 14 Tage
zum Preis von 10,00 EURO zu testen. Ein
an sich verlockendes Angebot - doch auf
der verlinkten Anmeldeseite fanden sich
nur Informationen zu zwei sehr teuren Tarifen
(darunter auch das beschriebene Premium-Angebot
für über 400,00 Euro im Jahr).
Natürlich dachte ich mir, dass sich
der Verlag einfach die Mühe sparen
wollte, eine separate Anmeldeseite für
Tester zu konzipieren und ich mich
einfach für den teureren Tarif anmelden
solle. Dennoch tat ich es nicht und schrieb
eine E-Mail mit Bitte um Klärung an
den Verlag. Es ist anzunehmen, dass viele
andere Journalisten sich erst gar nicht
die Mühe gemacht haben nachzufragen,
sondern das Angebot aufgrund des Widerspruchs
gleich verworfen haben.
Dieses
kurze Beispiel zeigt, wie mächtig kognitive
Dissonanz ist. Obwohl das Angebot sicherlich
hinterher nur mit 10,00 Euro wäre abgerechnet
worden (schließlich bliebe ja die
E-Mail-Offerte als Beweis) schrecken viele
Menschen bei einem offensichtlichen Widerspruch
vor einer schnellen Entscheidung zurück.
Um
nicht selbst Opfer von Bestellabbrüchen
zu werden, lohnt es sich sein eigenes Online-Angebot
noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Gehen Sie zunächst Ihren gesamten e-Mail
Verkehr des letzten Jahres einmal nach Indizien
durch, dass Nutzer sich über Problemen
mit Ihrer Seite oder Ihrem Bestellprozess
beschwert haben, die in Ihren Texten oder
Angeboten auf Widersprüche schließen
lassen. Hier finden sich in der Regel schon
viele offensichtliche Schnitzer.
Um ganz sicher zu gehen, sollten Sie danach
von einer Person, die zu Ihrer Zielgruppe
gehört und am besten ihre Seite zum
ersten Mal sieht, Ihre gesamte Website einmal
auf Widersprüche und Probleme absuchen
lassen.
Geben Sie Ihren Kunden einen Grund bei
Ihnen zu kaufen
Besucht
ein Konsument einen Online-Shop zum ersten
Mal, so sind für ihn nicht nur Preis
und Lieferkonditionen wichtig, sondern auch
das Gesamtbild des Internetangebots
und des Unternehmens. Viele Webshops bieten
deshalb eine "Über uns" Seite,
auf der die Firmengeschichte erzählt
wird und ein paar Bilder vom Stammsitz und/oder
den Mitarbeitern gezeigt werden. Manche
Shops nennen zudem noch ein paar Kennzahlen.
Natürlich sind solche Informationen
zwingend notwendig, damit Kunden sich selbst
ein Bild von Ihrem Unternehmen machen können,
doch im Wissen um die Problematik der kognitiven
Dissonanz, sollte man noch einen Schritt
weitergehen. Nehmen Sie das Heft selbst
in die Hand und offerieren Sie Ihren
Kunden eine Rubrik "Warum Sie gerade
bei uns kaufen sollten
". Hier
können Sie beispielsweise aufführen,
- wie
sicher ihr Shop ist,
- wie
viele Menschen im letzten Jahr bei Ihnen
bestellt haben,
- wie
schnell Kunden bei Ihnen Ihre Ware erhalten,
-
etc.
Zielführend
ist in diesem Zusammenhang auch Kundenlob
(engl. Testimonials) von zufriedenen
Kunden, die Ihre Aussagen inhaltlich untermauern.
Testimonials sind jedoch nur glaubwürdig,
wenn sie mit vollem Namen und/oder Ort/Link
zur Homepage versehen werden (siehe "Lob
der marke-X-Leser")
Nicht nur Dissonanz vermeiden
Wer es schafft, dass seine Kunden nicht
nur mit ihrer Kaufentscheidung glücklich
sind, sondern sich auch mit der Wahl des
Online-Händlers zufrieden schätzen,
dem gelingt es auch in Zeiten des erhöhten
Wettbewerbsdrucks durch Preisvergleichsdienste,
Kunden zu binden. Denn kognitive Dissonanz
zu vermeiden, heißt nicht nur, den
Online-Einkauf zu erleichtern, sondern auch
seinen Kunden einen Grund zu geben, das
eigene Online-Angebot besonders wert zu
schätzen.
|